Ich wurde 1948 als einziges Kind von
Bruno Kather und Elisabeth Kather, geb. Rottau, in Northeim bei Göttingen geboren.
Mein Vater, Bruno Kather (geb. 1922), stammte aus Ostpreußen,
genauer aus dem Ort Krokau bei Seeburg (Ermland).
Sein Vater hieß Anton. Seine Mutter Maria war eine geborene Greifenberg.
In seiner Geburtsurkunde steht noch „Kater“. Er war katholisch.
Mein Großvater Anton hat viele Jahre in Gelsenkirchen gelebt und im Bergbau gearbeitet. In Ostpreußen hatte er ein kleines Fuhrgeschäft. Da musste mein Vater schon sehr jung arbeiten. Mein Vater, Jahrgang 1922, wurde Anfang des 2. Weltkriegs Soldat – Meldereiter. Er hat den Krieg überlebt, musste mit 23 in Northeim ein neues Leben anfangen. Seine Mutter ist in den letzten Kriegstagen in Ostpreußen in ihrem Haus verbrannt, das russische Soldaten anzündeten. Sein Vater Anton kam erst um 1960 aus dem Ermland zu uns und starb bald. Bruno arbeitete zuletzt als Schrankenwärter an der Strecke Northeim – Nordhausen und ist Anfang 1990 verstorben. 1989, kurz vor der Grenzöffnung, waren wir erst mit dem Wohnwagen in Allenstein und haben dann mit meinen Eltern Krokau besucht.
Meine Mutter, geb. Rottau, kam aus Schlesien, genauer aus dem Ort Schönwasser (Wasserjensch), jetzt Komorowice. Der Ort liegt westlich von Breslau. Der Kirchort war Domslau. Ihre Großmutter war eine geborene Schunke. Sie war evangelisch-reformiert. In Stalingrad kam ihr Bruder Erich um. 1945 wurde der Mann meiner Großtante Luise, der in Breslau als Stellwerksmeister arbeitete, erschossen.
Als Folge des 2. Weltkriegs wurden meine Eltern und die Großeltern mütterlicherseits aus ihrer Heimat vertrieben. Sie lebten zusammen mit meiner Großtante Luise in Vogelbeck Müllershausen. Mein Großtante, deren Mann 1945 im Krieg umgekommen war, er war Stellwerksmeister, führte später Heinrich Müller den Haushalt.
1992 hat meine Mutter eine Busreise nach Schlesien gebucht. Wir sind mit dem Wohnwagen von Masuren nach Hirschberg gefahren und haben sie in Krummhübel besucht. Von da aus ging es nach Wasserjensch/Schönwasser, Domslau und in den Geburtsort meines Großvaters. Wir waren bei den jetzigen Besitzern ihres Bauernhofs. Meine Großeltern hatten ungefähr 1920 geheiratet. Ihr Sohn Erich ist in Stalingrad umgekommen. Mein Großvater Reinhold war ein vielseitig interessierter Bauer, der Gemüse angebaut hat und später in Vogelbeck gerne Bäume veredelte. Geld verdiente er, indem er Schuhe reparierte. Meine Großmutter Martha arbeitete in der Kantine des Vogelbecker Zementwerks. Ich habe in meinen ersten Lebensjahren viel in Vogelbeck bei Oma, Opa und Großtante gewohnt.
Meine Frau, Helma Kather, geb. Wianz, wurde in Angermünde (Brandenburg) geboren. Wir sind jetzt über 50 Jahre zusammen. Ihre Mutter, geb. Dall, kam aus der Gegend. Ihr Vater stammte wahrscheinlich aus Langeböse, Kreis Stolp. Er arbeitete zuerst bei der Reichsbahn, war dann Gutsverwalter und nach der Flucht aus der DDR Bauarbeiter.
Heute sind wir angekommen. Für meine Eltern und Großeltern war es ein ungeheurer Verlust, dass ihre Familien plötzlich über ganz Deutschland verteilt waren. Inzwischen sind die Kontakte abgebrochen – meine Mutter ist mit 94 verstorben.
Ostpreußen/Ermland:
Auf dem ersten Bild müssten Maria Turek, Maria Kather geb. Greifenberg, Hannelore (verh. Godehardt) und mein Vater Bruno zu sehen sein. Auf dem 3. Bild Anton und Maria Kather.



Schlesien/Wasserjensch bei Breslau:

Arthur Rosner, Berta Rosner, Martha Hoffmann verh. Rottau, Luise Hoffmann, geb. Schunke. Erna Klöbb, geb, Rosner. Luises Eltern hatten eine Windmühle in Haltauf, Kreis Ohlau.
Sie waren Bauern, Handwerker, Müller, Fischhändler, für die damaligen Verhältnisse recht wohlhabend. Mein Großvater, Reinhold Rottau, stammte von einem Bauernhof in der Nähe.
Auf diesem Bild meine Großmutter Martha, meine Großtante Luise mit ihren Eltern, Luise und Karl Hoffmann.

Das letzte Bild aus Schlesien.

Nie wieder Krieg!
Meine Geschichte
Ich wurde im September 1948 im Northeimer Krankenhaus geboren. Mitten in der Stadt, später wurde es Rathaus. Weihnachten 1947 hatten meine Eltern geheiratet. Mein Vater arbeitete in der englischen Kaserne. Er war 1945 verletzt von Königsberg nach Dänemark gebracht worden. Meine Mutter arbeitete mit mehreren Frauen bei Keerl, einem Bauern im Bereich Göttinger Straße/Eichstätte. Da sind Freundschaft entstanden, die das ganze Leben meiner Eltern über hielten: Einmal mit Hermann und Gertrud Kuert, die erst in Northeim wohnten und dann in Hermanns Elternhaus nach Bad Grund zogen, wo wir sie häufig besuchten. Hermann besuchte die Polizeischule und war später Kripochef in Northeim. Eine andere Freundin, Gertrud Meyer, wohnte später in Katlenburg. Zu ihr hatte meine Mutter in ihren letzten Lebensjahren noch engen Kontakt. Sie fuhr Auto.

Wir wohnten bei Schinkels, Friedrich-Ebert-Wall 16. Mit Schinkels in einer Wohnung. Herr Schinkel war Jäger. Ich kann mich noch daran erinnern, das ich einmal neben einem Fuchs, der auf den Hof gefangen war, eingeschlafen war. Hinter dem Haus verlief die Bahnlinie nach Nordhausen und man sah auf die Drehscheibe, vor dem Haus war die Bundesstraße 3. Diese war ständige voll und staute von der Mühlenangerschranke her. Auf der Straße fuhren viele LKWs – die A7 gab es noch nicht. Viele der LKWs waren amerikanisch. Sie fuhren von Bremerhaven nach Hessen und Bayern. Wir Kinder bettelten und bekamen Kaugummis. Familie Schinkel habe ich viel zu verdanken. Frau Schinkel war Grundschullehrerin und konnte meine Erziehung beeinflußen. Gerne habe ich mit den Schinkel-Kindern gespielt.
Bald ging es für mich mit dem Anhänger-Bahnbus oft nach Vogelbeck zu Großeltern und Großtante. Mit Alfred Brandt, seinem Bruder und seinen Schwestern hatte ich gute Spielkameraden. Mit meinem Opa bin ich in den Wald gelaufen oder mit dem Bus nach Einbeck zum Leder kaufen gefahren. Mein Vater arbeitete in einem Grabsteingeschäft: Erst bei Hubensack, dann bei Reichert. Als ich 6 Jahre alt war wechselte er zur Schwellentränke in Northeim, leider zu alt, um Beamter zu werden. Irgendwann begann meine Mutter bei Wilvorst zu arbeiten. Wir zogen in die Häuserstraße 11 und hatten im zweiten Stock eine eigene Wohnung und in dem mittelalterlichen Haus einen eigenen Schuppen. Ich kam in die nahe Schule, die Bürgerschule 1. Mein erster Klassenlehrer wurde krank und es kam Herr Scholz, der ehemalige Rektor, der schon älter als 70 war. Leider mußte ich nach der 2. Klasse auf die Bürgerschule 2 wechseln, eine alte Gardekürassier-Kaserne. Ich erinnere mich noch an Frau Sukka, meine Deutschlehrerin. Später, als ich für Infas Meinungsforschung betrieb, habe ich sie noch einmal getroffen. Sehr erfolgreich war ich nicht: In Handschrift und Kunst bekam ich immer eine 6. Nach der 4. Klasse mußte ich noch einmal wechseln, in die B3 am Sultmer. Mein Klassenlehrer war Herr Schmidt, der ein großes Vorbild für mich wurde: Er war nicht so schick gekleidet, ließ uns Schülern viel Freiheiten und brachte uns viel bei. Englisch hatte ich bei Frau Flechsig, die viele Ideen aus seinem Unterricht mit nahm, die dann ihr Mann als Pädagogikprofessor übernahm. In der 5. Klasse machte ich dann in der alten Kaserne die Aufnahmeprüfung für weiterführende Schulen. Das klappte. Vom nächsten Schuljahr an besuche ich die Mittelschule Northeim, vor der mich Herr Schmidt noch warnte.
Im April begann für mich das neue Schuljahr im neuen Schulgebäude der Mittelschule Northeim. Ich meine, dass sie auf dem Gelände der abgerissenen Gardekürassierkaserne entstanden war. Die Kaserne wurde bald darauf wieder als Kaserne genutzt. In der Mittelschule gab es zwei 5. Klassen mit über 40 Schülern. Ein Jahr später wurden die Klassen geteilt. Ich erinnere mich gut an den Kunstlehrer, Herrn Rackowitz, der mich sehr unterstützte. Unter seiner Anleitung kam ich in Kunst auf eine 2 und war stolz auf meine Leistungen.
Mobilität
Schon als kleiner Junge bin ich mit meiner Großtante mit dem Zug nach Hannover, Göttingen und Kassel gefahren. Nach Kassel durch den Dransfelder Tunnel. Bei Schünemann in Einbeck und bei Karstadt wurden die ersten Märklin-Loks gekauft. In Vogelbeck war eine unserer Lieblingsbeschäftigungen Besuche beim Schrankenwärter. Ich kannte jede Lok und jeden Triebwagen. In Northeim war ich oft auf dem Bahnhof als Pfiffclub-Mitglied. Im Winter fuhren wir über Bad Lauterberg mit der Zahnradbahn nach St. Andreasberg. Leider gibt es sie nicht mehr. Nach dem mein Vater bei der Bahn angefangen hatte wurde er Stellwerksmeister an der Mühlentorschranke, die ein Gleis zur Mühle hatte. Wir fuhren zu Heimatvertriebenentreffen in Hannover (Schlesier) und nach Soest, wo sich die Ermländer trafen. In Hannover besuchten wir Tante Trude im Fischgeschäft und ich aß die ersten Krabben. Eine Tante mit Fischgeschäft gab es auch in Marktredwitz. In Berlin, im Wedding besuchten wir Tante Berta, die mit meinem Onkel, der Schmuckhändler gewesen war, in einem großen Haus mit Hinterhäusern wohnte. Ihre Tochter Erna wohnte im Osten. Auch sie haben wir besucht, obwohl wir zu ihrem Haus garnicht durften. Viel später war ich bei der Hochzeit ihrer Tochter Ulrike und mußte den Brautschleier verzollen. Auch die Verwandtschaft meines Großvaters in Salzkotten und Polle wurde besucht. Ein Teil der Familie meines Vaters wohnte in Gelsenkirchen – auch da ging es hin. Erst mit der Bahn, später mit dem grünen Käfer.
Auch allein war ich oft unterwegs zu Freizeiten der reformierten Kirche: In Ihrhove in einem Haus neben der Kirche, in der Baccumer Mühle mit Pastor Buitkamp, verbunden mit einem Busausflug in die Niederlande, wo zu der Zeit auch die Kinder rauchten. Mit 13, 14 und 15 ging es dann mit dem Zug nach Leer und dann mit dem Fahrrad nach Aurich ins de Pottere Haus zu Freizeiten mit Pastor Bänsch. Mit dem Bus erkundeten wir Ostfriesland, besuchten Borkum und Greetsiel. Mit 16 war ich dann nochmal mit der gleichen Gruppe in Berwang in Österreich.